Leipziger Buchmesse 2018 – Tag 1
Heute startete die Leipziger Buchmesse 2018. Dabei durften die Veranstalter bereits vorab einen neuen Rekord vermelden: 2.635 Aussteller aus 46 Ländern bedeuten ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Erwartet werden an den vier Publikumstagen auf dem Messegelände sowie beim Lesefest Leipzig liest insgesamt rund 250.000 Besucher.
Los ging das Programm unter anderem mit der Eröffnung des Café Europa. Hier war Åsne Seierstad zu Gast, die gestern mit dem Buchpreis zur Europäischen Verständigung für ihr Buch Einer von uns. Die Geschichte eines Massenmörders über den Massenmörder Anders Behring Breivik geehrt wurde. „Wir müssen dafür kämpfen, den Bereich in der Mitte auszuweiten, wo die komplexen, komplizierten, verwundbaren Ideen von Toleranz und Verständnis wohnen“, sagte Seierstad im Rahmen des Festaktes im Leipziger Gewandhaus.
Zu den bekanntesten und zugleich kontroversesten Politikerinnen des Landes gehört uneingeschränkt Sahra Wagenknecht. Die Linkspartei-Fraktionschefin sprach auf dem Blauen Sofa über ihr neues Buch Reichtum ohne Gier: Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten. Neben ihrer standardmäßigen Kritik an Hartz IV sowie der Politik der Bundesregierung sprach Wagenknecht auch über dringend benötigte Verbesserungen beispielsweise im Pflegebereich oder bei der Rente. Wichtig sei es, dass alle Menschen von ihrem Einkommen, ihrer Rente oder schlechtestenfalls von ihren Sozialleistungen gut leben könnten. Außerdem stellte sie ihre Bemühungen heraus, kurzfristig eine neue linke Sammlungsbewegung zu initiieren, damit in Deutschland wieder eine linke Mehrheit jenseits der GroKo zustande komme.
Preis der Leipziger Buchmesse
Höhepunkt des ersten Buchmessetages war ohne Frage die Bekanntgabe und Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse. Neue Preisträger sind Esther Kinsky (Belletristik), Karl Schlögel (Sachbuch / Essayistik) sowie Sabine Stöhr und Juri Durkot (Übersetzung).

Esther Kinsky (l.) wird mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet.
Kinsky wurde ausgezeichnet für Hain. Geländeroman. „Was für ein stilles, kaum bewegtes, menschenarmes Buch. Seine Farben mangels ausreichender Sättigung vorwiegend im Graubereich. Und seine Ich-Erzählerin eine bloße Hülle, die sich am liebsten davonstehlen würde. Denn an ihr, einer Trauernden, die ihren Lebensgefährten verloren hat, nagt eine Leere, die sich mit der Leere der Umgebung paart. Und zugleich: Was für eine Schule der Wahrnehmung. In der Reizreduktion zeigt sich jedes noch so unscheinbare Detail mit geradezu übersinnlicher Genauigkeit; die Tonlosigkeit steigert sich zum Gesang der Dinge. Im Ähnlichen entdeckt sie das immer Andere“, begründete die Jury.

Karl Schlögel.
Schlögels Buch Das sowjetische Jahrhundert sei meisterhaft erzählte und zugleich denkbar originelle Geschichtsschreibung, erläuterte die Jury. „Denn seine Vergegenwärtigung dieses seltsamen Gebildes namens Sowjetunion ist keine lineare Erzählung, vom Anfang 1917 bis zum Ende 1991. Sondern es ist ein Streifzug mit Panoramablick, Summe jahrzehntelanger Beschäftigung. Schlögel durchdringt die Tiefenschichten einer Epoche und entwickelt dabei starke sinnliche Anschaulichkeit. Dieses Buch ist ein sehr modernes Buch, geschrieben nach dem Ende aller großen Erzählungen, von einem Autor, der diese großen Erzählungen aber bestens kennt.“

Juri Durkot und Sabine Stöhr.
Begeistert zeigte sich die Fachwelt auch von Sabine Stöhrs und Juri Durkots Übersetzung aus dem Ukrainischen von Serhij Zhadans Buch Internat. Die Begründung: „Es ist Winter, ein Winter mit Schnee, der ‚blau-rosa‘ aussieht, einem Abendhimmel, der ‚aus tiefen Poren dunkelt‘, während über der Bahnstation ein ‚feuchter Signalton‘ hängt und die Sonne untergeht und nichts als Kälte herrscht. Kälte und Kampfhandlungen, denn der von Sabine Stöhr und Juri Durkot so prägnant und packend aus dem Ukrainischen übersetzte und im Deutschen einfühlsam ausgelotete Roman Internat erzählt von einem fast vergessenen Krieg. Dem Krieg im äußersten Osten der Ukraine.“
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